26.3.06

Ungewöhnliche Lesungsbesucher

Hoch lebe WLAN! Bin in Cottbus und sende diese Nachricht über ein fremdes WLA-Netzwerk – diesmal allerdings mit Erlaubnis des Inhabers. Es gibt etwas Niedliches zu berichten von der Lesung gestern.

Ich wurde zu Beginn der Veranstaltung auf der Bühne interviewt, und als ich gerade ansetzte, eine der Fragen zu beantworten, fiel mein Blick auf die erste Stuhlreihe. Dort saßen neben einem Kind ein halbes Dutzend Plüschtiere auf einem eigenen Stuhl, sorgfältig mit einem Schal zugedeckt. Ich war so fasziniert, daß ich – statt die Frage zu beantworten – die Plüschtiere angelächelt habe. Ihr glaubt gar nicht, wie hübsch die aussahen neben ihrer kleinen Besitzerin! Hauptsächlich Hunde, die Pfoten brav nach vorn gestreckt. Sie haben während der Lesung sehr aufmerksam zugehört und nur einmal leise geknurrt, als ich von einer Katze sprach.

24.3.06

Hideaway Cottage

Wer wissen möchte, ab wann die Juden Schläfenlocken trugen und wann der gelbe Judenfleck und der Judenhut eingeführt wurden, sollte bei der Leserunde zur “Todgeweihten” bei Buechereule.de vorbeischauen. Da werden mir knifflige Fragen gestellt ... Ob ich mich nach Abschluß eines Romans leicht von meinen Figuren verabschieden kann, ob gewisse Romanpassagen historisch verbürgt oder ausgedacht sind, wo ich die konkreten Daten für den Roman herbekommen habe, und so weiter. Sehr lohnenswert.

Die Basler mögen den Roman offenbar. Davon hing viel ab – immerhin spielt er in ihrer Stadt. Seit vier Wochen steht das Buch auf der regionalen Bestsellerliste (veröffentlicht von der Basler Zeitung, die 100.000 Abonnenten hat). Dreimal war es auf Platz 1 in der Belletristik, jetzt ist es auf Platz 2. Die Plätze richten sich nach der Anzahl der verkauften Exemplare.

Und ich? Ich bin fast schon wieder fertig mit dem nächsten Projekt. Ich schreibe die letzten Seiten des Sciencefiction-Romans. Bei Brendow entwerfen sie gerade das Cover. Die 40 Tage auf der Isle of Wight kommen mir inzwischen auch realer vor, weil ich nun schon weiß, wo genau ich sie verbringen werde. Hideaway Cottage heißt das Häuschen, und es ist gar nicht so leicht, da hinzukommen: Mit dem Zug fahre ich nach Berlin. Von dort fliege ich nach London. Von London geht es per Zug weiter bis Portsmouth. Und von Portsmouth bringt mich ein Schiff auf die Insel.

Gestern erreichten mich zwei Fotos der Lesung, die ich vor drei Wochen in Darmstadt gehalten habe. Lange her, ich weiß. Aber ach, sie sind nett. Was nützen sie auf meinem Computer? Ab ins Blog. Zwischen fünfzig und achtzig Unique Visitors hat das Weblog jeden Tag. Dich zum Beispiel. Du mußt doch was zu sehen kriegen.




Jetzt habe ich alles erwähnt, was momentan nach Erfolg klingt: Die Bestsellerliste, den Aufenthalt auf der Isle of Wight, die Unique Visitors im Weblog. Wenn ich das selber lese, denke ich: Was für ein Angeber! Darum, bitte, blickt hinter meine Angeberkulisse. Ich gehe jetzt zum Kühlschrank, Brot ist leider alle, aber ein Joghurt dürfte noch drin sein. Dann spiele ich eine Runde das Langweiler-Computerspiel "Freecell". In der Anleitung stand nämlich, es ist noch nicht erwiesen, ob alle eine Million Spielmöglichkeiten zu gewinnen sind. Da muß sich doch einmal einer dran machen, das zu prüfen. (Bin ich zwanghaft oder so?) Ich habe bei Möglichkeit 1 angefangen und bin jetzt bei Möglichkeit 51. Manche waren ganz schön schwer. Aber bisher ließen sie sich lösen.

17.3.06

Schneetransport

Unterwegs nach Leipzig zur Buchmesse, Umsteigen in Fulda. Ich stehe am Bahnsteig und warte auf den Anschlußzug. Was fährt vorüber? Eine Lok, die Güterwaggons hinter sich herzieht. Und auf den Güterwaggons liegt – Schnee. Gut, im “erwachsenen” Sinn betrachtet, sollte die Lok wohl nur leere Güterwaggons von Stadt A nach Stadt B bringen. Ich aber habe still in mich hineingelächelt und das als Schneetransport betrachtet. Winterurlauber enttäuscht. Stop. Bitten um eine Lieferung Schnee. Stop. Ankunft zur Nachtzeit. Stop. Entladen bitte geräuschlos und heimlich. Stop.

Über den allgemeinen Buchmessenrummel lest ihr in jeder Tageszeitung. Deshalb ein kleines Erlebnis vom Rande. Eine übermannsgroße Comicfigur läuft durch die Gänge. Die Leute drängeln sich vorbei. Da höre ich eine Kinderstimme aufjuchzen. Ich drehe mich um, sehe ein kleines Mädchen, das bei der Comicfigur stehengeblieben ist und sich vor Lachen kaum wieder einkriegt. Endlich wird die Kleine ernst, reicht der Figur die Hand und fragt: “Wie heißt du?” Der Mensch in der Figur kann nicht reden, es steckt ja ein Pappkopf auf ihm drauf. Aber er schüttelt dem Mädchen die Hand. Da laufen hundert wichtige Podiumsdiskussionen mit wichtigen Leuten, Lektoren und Agenten und Autoren beraten wichtige Dinge – im Gewühl aber reicht ein kleines Mädchen, das noch nicht mal lesen kann, einer Comicfigur die Hand und fragt: “Wie heißt du?”

Kennt ihr das? Ihr eßt Brote. Es schmeckt euch. Ihr schneidet weitere Scheiben ab. Als ihr das Brot hochhebt, seht ihr, daß es an der Unterseite verschimmelt ist. So ging es mir. Habe das gleich notiert für den nächsten Roman. Obwohl ich mich frage: Ist früher das Brot nicht einfach hart geworden? Womit wir als Kinder die Enten gefüttert haben, das war doch kein verschimmeltes Brot, sondern nur harte Kanten, oder? Die sind jedenfalls nicht krank geworden davon, hoffe ich. Ich kriege auch mit zwanzig Jahren Verspätung noch ein schlechtes Gewissen.

13.3.06

Minus 14 Grad

Vor ein paar Tagen sind bei uns die ersten Mücken geschlüpft, es wurde Eis außer Haus verkauft und die Sonne wärmte einem das Gesicht. Dann, plötzlich, kam der Winter zurück. In meinem Auto beschlugen die Scheiben so sehr, daß ich an einer Tankstelle angehalten habe, um mir endlich einen Lederschwamm zu kaufen, damit ich nicht immer bei Minusgraden mit offenen Fenstern fahren muß.

Vergangene Nacht also bin ich unterwegs nach einem sehr schönen Abend bei einer befreundeten Familie, es ist bitter kalt, minus 14 Grad zeigt das Display im Auto an. Wie erwartet beschlagen die Scheiben, das warme Gebläse kämpft hilflos dagegen an. Ich greife mir den neuen Schwamm und wische. Warum funktioniert der nicht? Die Scheibe links neben mir bleibt weiß, obwohl ich doch so dringend in den Seitenspiegel schauen muß. Ich lege den Schwamm beseite, kratze, einer Ahnung folgend, mit den Fingern. Es ist Eis! Obwohl es warm ist im Auto, gefrieren bei minus 14 Grad die Scheiben von innen.

Man müßte mal nach Sibirien fahren. Irgendwie wecken solche Erlebnisse in mir die Abenteuerlust. Gefrorene Scheiben sind natürlich ein geringes Problem, wenn ich bedenke, wie es jetzt den Mücken geht ...

6.3.06

Dreimal Grund zum Lächeln

Am Morgen die Nachricht, daß in der Basler Zeitung eine Rezension zur “Todgeweihten” erschienen ist. Ganzseitig. Ob es ein Verriß ist, da sind wir uns nicht einig. Wenn ich dem traue, was ich im Studium gelernt habe (Nebenfach Publizistik- und Kommunikationswissenschaften), dann spielt es keine Rolle. Hunderttausend Abonnenten der Zeitung haben vom Roman erfahren, das ist, was zählt.

Unterwegs zwischen Schnee und Sonne wurde ich von einer alten Frau angesprochen, und wir haben uns kurz unterhalten. Einfach so. Sie wollte mir die Schneemänner im Vorgarten zeigen, das war alles. Schön. Ich mag Menschen.

Der Tagesabschluß: Im Tanzkurs wurde ich heute als “Naturtalent” bezeichnet. Ich, der ich bei Hochzeiten “schnell mal frische Luft schnappen” gehe, wenn das Tanzen beginnt. Gleich hat mir der große Spiegel im Saal keine Angst mehr eingejagt. Vielleicht brauche ich keine frische Luft bei der nächsten Hochzeit? Neue Tänze: Cha Cha Cha und Foxtrott.