17.3.06

Schneetransport

Unterwegs nach Leipzig zur Buchmesse, Umsteigen in Fulda. Ich stehe am Bahnsteig und warte auf den Anschlußzug. Was fährt vorüber? Eine Lok, die Güterwaggons hinter sich herzieht. Und auf den Güterwaggons liegt – Schnee. Gut, im “erwachsenen” Sinn betrachtet, sollte die Lok wohl nur leere Güterwaggons von Stadt A nach Stadt B bringen. Ich aber habe still in mich hineingelächelt und das als Schneetransport betrachtet. Winterurlauber enttäuscht. Stop. Bitten um eine Lieferung Schnee. Stop. Ankunft zur Nachtzeit. Stop. Entladen bitte geräuschlos und heimlich. Stop.

Über den allgemeinen Buchmessenrummel lest ihr in jeder Tageszeitung. Deshalb ein kleines Erlebnis vom Rande. Eine übermannsgroße Comicfigur läuft durch die Gänge. Die Leute drängeln sich vorbei. Da höre ich eine Kinderstimme aufjuchzen. Ich drehe mich um, sehe ein kleines Mädchen, das bei der Comicfigur stehengeblieben ist und sich vor Lachen kaum wieder einkriegt. Endlich wird die Kleine ernst, reicht der Figur die Hand und fragt: “Wie heißt du?” Der Mensch in der Figur kann nicht reden, es steckt ja ein Pappkopf auf ihm drauf. Aber er schüttelt dem Mädchen die Hand. Da laufen hundert wichtige Podiumsdiskussionen mit wichtigen Leuten, Lektoren und Agenten und Autoren beraten wichtige Dinge – im Gewühl aber reicht ein kleines Mädchen, das noch nicht mal lesen kann, einer Comicfigur die Hand und fragt: “Wie heißt du?”

Kennt ihr das? Ihr eßt Brote. Es schmeckt euch. Ihr schneidet weitere Scheiben ab. Als ihr das Brot hochhebt, seht ihr, daß es an der Unterseite verschimmelt ist. So ging es mir. Habe das gleich notiert für den nächsten Roman. Obwohl ich mich frage: Ist früher das Brot nicht einfach hart geworden? Womit wir als Kinder die Enten gefüttert haben, das war doch kein verschimmeltes Brot, sondern nur harte Kanten, oder? Die sind jedenfalls nicht krank geworden davon, hoffe ich. Ich kriege auch mit zwanzig Jahren Verspätung noch ein schlechtes Gewissen.