26.9.06

Schreiben ist eine Zeitlupe

Auch während man auf einer fernen Insel am neuen Roman schreibt, arbeiten in der Heimat Verlage und Buchhändler weiter fleißig daran, die schon abgeschlossenen Geschichten zu den Lesern zu bringen. Das gefällt mir. Ein Ergebnis davon ist, daß “Der zwölfte Tag” auf Platz 4 der Taschenbuch-Bestsellerliste des Bertelsmann Buchclubs gelandet ist. Juchhu!


Das Buch wird ja auf Amazon kräftig kritisiert – und ich kann die Kritik verstehen. Eine Geschichte, die zwölf Autoren gemeinsam erdacht und aufgeschrieben haben, kann nicht so ausgewogen sein wie der Roman eines Einzelnen. Meiner Meinung nach ist “Der zwölfte Tag” aber um Längen besser geworden als “Die sieben Häupter”, es ist eine spannende, unterhaltsame und starke Geschichte. Bin froh, daß sich das langsam unter den Lesern herumspricht.

Habe Post bekommen, daß es “Die Todgeweihte” jetzt als Hörbuch für Blinde bei Medibus gibt. Als ich nachsah, war sie nicht gelistet, dafür aber “Der Kalligraph des Bischofs”, “Die Priestertochter” und “Die Brillenmacherin”. Schön! Wenn ihr blinde Freunde habt, und sie historische Romane mögen, könnt ihr ihnen Bescheid geben. Interessant für mich ist die Leselänge. Für jeden Roman haben die Sprecher 14 bis 15 Stunden gebraucht. So schnell hat man meine Romane durchgelesen? Es kommt mir wie ein Zaubertrick vor. Oder wie ein Zeitrafferfilm: Ein Jahr lang wird ein Baum aufgezeichnet, und dann werden die Aufnahmen mit großer Geschwindigkeit abgespielt, so daß man die Jahreszeiten ablaufen sehen kann.

Ist also Lesen ein Zeitrafferfilm? Oder ist Schreiben eine Zeitlupe? Wahrscheinlich eher letzteres. An einer Szene, die nur Sekunden währt, feilt man für Stunden. Ich genieße das. Hier ein Wort auszutauschen, da eine Handbewegung. Zu seiner Figur zu sagen: Stell dich bitte mal dorthin, nein, bleib doch lieber hier stehen, kannst du etwas lauter sprechen? Schau mal aus dem Fenster. Ja, so ist es gut. Und jetzt noch diese herablassende Geste. Wunderbar.

Gerade hat es geklingelt, und die Post brachte ein Paket mit den Belegexemplaren der “Siedler von Vulgata”. Meine erste Begegnung mit dem neuen Buch! Ich finde, es ist schön gebunden, und der Text ist sehr nobel gesetzt. Das gibt dem Buch einen schrägen Biß: Es sieht aus wie hochliterarische Lektüre, beinhaltet aber Außerirdische, eine fremde Zivilisation, Schlachten und Sciencefiction-Getümmel. Hehe. Einige Leute, die sich den Roman kaufen, werden eine Überraschung erleben.