14.9.06

Im Raumschiff


Es regnet, und ich habe etwas Schönes herausgefunden. Mein Häuschen hat eine Galerie, man geht also eine kleine Treppe hinauf und befindet sich direkt unter dem Dach. Wenn ich nun meinen Kopf neige und das Ohr an die Dachschräge drücke, höre ich das Dach unter dem Regen vibrieren. Tausende Tropfen, die zugleich auftreffen. Ein eigentümlicher, warmer Klang.

Habe heute einen Werkstattbericht über “Die Siedler von Vulgata” für den PERRY RHODAN Report geschrieben. Sozusagen ein “Making of”. Solche Sinneseindrücke wie der Regen, der das Dach vibrieren läßt, sind gerade für einen Roman wie diesen sehr wichtig, denn niemand von uns war je in einem Galchinenraumschiff, also kann ich nicht auf Erinnerungen bauen, die in den Köpfen der Leser schon verhanden sind. Um den Lesern das Raumschiff als “echten Ort” erscheinen zu lassen, muß es ich Geräusche, Gerüche und Empfindungen beschreiben. Der zweite Romanteil beginnt so:

“Jeden Tag dachte Rhyt an das Raumschiff. Er ging die dunklen, feuchten Korridore ab, berührte in seiner Vorstellung die Sensorfelder, lauschte dem Surren der Triebwerke. Sogar den Geruch gerösteten Lammelfleisches konnte er noch in sich wachrufen, der in der Umgebung der Kantine in den Winkeln genistet hatte. Er hatte nichts vergessen. Nicht die wohltuenden Dampfkabinen, nicht das Knarzen der Netzmatte, auf der er Nacht um Nacht Frieden gefunden hatte.

Wann immer er an das Raumschiff dachte, durchströmte ihn ein Gefühl von Heimat. Hier hatte er die biegsame, durchsichtige Eihülle durchstoßen, hier hatte er die ersten Schritte getan, das erste Mal die Messerkrallen ausgefahren, das erste Mal ein Beutetier getötet. Das Raumschiff war sein Zuhause gewesen. Er hatte sein ganzes Leben darin verbracht, einhundertundvierzehn Standardjahre. Dieses Zuhause hatte man ihm genommen.

Vanderbeyten war ein Abgrund, ein Ort des Todes. Vanderbeyten war fremd. Rhyt würde auf diesem Planeten zugrunde gehen, das spürte er.”

Das Foto zeigt übrigens meine Straße. Seht ihr den schmalen Gehweg auf der rechten Seite? So sind die Wege überall in Sandown. Sie erfordern, daß einer auf die Straße tritt, wenn man sich entgegenkommt. An sich kein Problem, so viel Verkehr gibt es hier nicht. Witzig ist: Ich bin es gewohnt, Entgegenkommende links an mir vorüberzulassen. Wie im deutschen Straßenverkehr eben. Die Engländer aber kennen es genau anders herum. Jedesmal irritiere ich sie.

Julia gemailt, daß die Pflanze auf dem Foto von gestern ein Schachtelhalm ist. Sie schreibt: “Es scheint eine englische Variante zu sein (der Stengel ist sehr hell), aber bei uns gibt es davon auch verschiedene Arten. Der am weitesten verbreitete ist der Ackerschachtelhalm. Der Name kommt daher, dass die einzelne Segmente ineinander verschachtelt sind. [..] Der Schachtelhalm wird auch Zinnkraut genannt. Da er nämlich Kieselsäure einlagert, kann man ihn gut zum Putzen von den früher üblichen Zinntellern verwenden. Im Mittelalter wurde der Schachtelhalm sehr häufig dafür benutzt. Außerdem kann man ihn bei allen möglichen Krankheiten wie zum Beispiel Tuberkulose anwenden.” Danke, Julia! Wenn ich die Pflanze das nächste Mal sehe, denke ich an Zinnteller, und sie ist mir gleich vertrauter.

Übrigens: Der Schreibwettbewerb von tcboyle.de hat begonnen. Wenn ihr teilnehmen möchtet, findet ihr die Bedingungen unter www.tcboyle.de.