16.9.06

A Baby

Im Gottesdienst. Shaneika (4) dreht sich in der Reihe vor mir um und zeigt mir einen Spielzeugschmetterling. Ich nehme ein Blatt Papier und male ihr eine Blume. “For the butterfly to sit on”, flüstere ich. Shaneika ist begeistert. Sie setzt den Schmetterling auf die Papierblume und läßt ihn fressen. (Wie sich eine Vierjährige eben fressende Schmetterlinge vorstellt. Er schleckt die Blume ab.)

Als nächstes male ich ihr einen Baum und eine Sonne. Shaneika setzt zahllose Punkte in den Himmel und flüstert: “Birds!”

Ich zeichne ihr einen Wurm mit einem Regenschirm. Sie lacht. Der Wurm sieht für sie allerdings mehr nach einer Schlange aus, denn sie malt eine Weile, und sagt dann, mit traurigem Gesicht: “I can’t do a snake.”

Die Predigt ist auch nicht ohne. Der Pastor fängt mit der Geschichte von “Beauty and the Biest” an. Er ist ein guter Geschichtenerzähler. Diese Geschichte kenne ich zwar in mehreren Filmvarianten, aber ich habe sie noch nie in der Kirche gehört. Er trägt sie mit soviel Überzeugung vor, daß die älteren, konservativeren Gottesdienstbesucher nicht mal daran denken können, sich darüber aufzuregen, daß sie nicht aus der Bibel stammt. Wir sind alle mitgerissen.

Es ist ein Abendmahlsgottesdienst. Oft wird diese Art Gottesdienst in Begräbnisstimmung abgehalten, obwohl es überhaupt keinen Grund dafür gibt, das zu tun. Heute aber geht ein buckliger, alter Mann als Diakon durch die Reihen und verteilt Brot und Wein. Ich mag ihn. Fred ist ein lustiger Kerl. Und schwerhörig. Während er Brot und Wein verteilt, wird besinnliche Klaviermusik gespielt. Fred kennt das Lied, und wie selbstverständlich pfeift er die Melodie mit. Ich vermute, er hat sich selbst nicht pfeifen gehört, oder er dachte, es sei so leise, daß es niemand hört (wenn er spricht, redet er sehr laut). Fantastisch! Das ernste Abendmahl, und ein Diakon, der pfeifend durch die Reihen geht und es verteilt.


Auf dem Foto seht ihr links Shaneika und rechts Hannah. Wir haben am Nachmittag gespielt. Shaneika mußte mir mehrmals kopfschüttelnd sagen: “You’re not a baby. You are a man!” Huch. Hätte ich fast vergessen.