16.6.06

Vom Abwaschen

Ich bin gerade am Abwaschen. Eben trocknete ich eine Schüssel ab, und als ich sie in den Schrank räumen wollte, fiel sie mir herunter und zersprang in Tausend Teile. Hätte sie mir nicht vor dem Abwaschen herunterfallen können? Wozu habe ich sie noch auf Hochglanz gebracht, wenn sie doch im Mülleimer landet?

Genauso Socken. Ich vergesse jedes Mal, sie wegzuwerfen, wenn sie Löcher haben, und tue sie statt dessen zur Schmutzwäsche. Sind sie aber einmal gewaschen, ist es da nicht Verschwendung, sie hinterher in den Müll zu tun, wo sie doch unter Aufwand von Energie gesäubert und gefaltet wurden?

Irgendwie läuft mein Leben noch nicht wirklich effektiv.

Andererseits: Ist es sinnvoll, sein Leben auf Effektivität zu trimmen? Die ineffektiven Stunden sind doch gerade die besten. Ein Kinderbuch zu lesen, das man vor zwanzig Jahren das letztemal in der Hand hatte. Einen Film das fünfte Mal anzusehen und nach Kleinigkeiten zu suchen, die man bisher noch nie wahrgenommen hat. Um Mitternacht auf dem Sportplatz eine Runde zu drehen und sich die frische Sommernachtsluft ins Gesicht wehen zu lassen – ganz ohne den Gedanken an Training.

Die Küche allerdings ...

Wenn ich mit dem Abwaschen fertig bin, werde ich mir etwas kochen. Also wird schon wieder Geschirr schmutzig, Töpfe, das ist das Schlimmste. Ich sollte ein Sperrband spannen: “Küche für drei Wochen außer Betrieb”. Dann hätte sich das Abwaschen richtig gelohnt.

Ich glaube, man muß lernen, die Wiederholungen im Leben zu lieben. In kleinen Details unterscheiden sie sich. Mir ist zum Beispiel lange keine Schüssel heruntergefallen. Eine seltsame Sache: Sie fühlt sich so hart an, unzerstörbar beinahe. Ich könnte sie nicht zerknacken. Aber wenn sie einen halben Meter herunterfällt, gibt sie so einfach auf. Hoffentlich hat sie vorher ihr letztes Bad genossen.