3.8.05

Alles, was ihr wollt

Eigentlich wollte ich in der Schweiz sein diese Woche, einen lang herbeigesehnten Besuch machen. Aber es steht 1:0 für das Virus. Nachdem ich versucht habe, es nicht allzu ernst zu nehmen, zwingt es mich nun regelmäßig ins Bett. Fieber. Again.

Hat schon mal einer medizinisch untersucht, ob Wut die Abwehrkräfte stärkt?

Ganz ohne Surfen wäre es zu langweilig. So bin ich gestern auf eine Website des amerikanischen Verlags Tor Books gestoßen, die extra für Andreas Eschbach eingerichtet wurde. Er hat das große Vergnügen, als deutscher Autor auf dem amerikanischen Markt publiziert zu werden. In einem Interview auf der erwähnten Website sagt er – logischerweise in Englisch – zur Frage, ob es einen Unterschied gibt zwischen US-amerikanischer Fantastik und europäischer Fantastik:

I have met many writers from both sides of the Atlantic Ocean and talked with them, and I've got the impression that the most important difference is a difference in the direction writers work. It seems to me that American writers easily master the requirements of form, of genre, of storytelling, of presenting something to a reader, but then they have to fight to discover the layers and layers of inner meaning of the story they are about to tell. European writers, on the other hand, easily understand what their stories are about, but they have to fight a lot to meet the criteria of a genre, to make it readable, to reach the reader and not deliver a boring, incomprehensible book. The good writers, of course, master the inner as well as the outer in the end, so the remaining difference is small.

Spannenderweise hat Tilo Eckardt, der HC-Cheflektor bei Heyne, ähnlich geantwortet, als ich ihn für den Federwelt Newsletter nach der Schwäche und der Stärke deutscher Autoren fragte.

Ihre große Stärke ist die Seriosität und Ernsthaftigkeit, mit der sie sich Themen annehmen. Ihre große Schwäche ist die Seriosität und Ernsthaftigkeit, mit der sie sich Themen annehmen. Merkwürdigerweise ist es in Deutschland immer noch mit einem gewissen Gout behaftet, an den Leser zu denken. Man will sich um Gottes willen nicht anbiedern, aber gefallen und geliebt werden will man doch. Das führt oft (längst nicht immer) zu einer gewissen Verkrampfung. Auch fehlt in Deutschland immer noch ein gewisser Respekt vor dem schwierigen "Handwerk des Schreibens". Handwerk klingt eben mehr nach Axt als nach Florett, und hierzulande will man gern die feine Klinge führen. Zumal, wenn man als Autor eine Botschaft hat. In anderen Ländern lautet die Frage: Wie schreibe ich eine Geschichte, die eine Botschaft vermitteln kann. Bei uns denkt sich der Autor oft von der anderen Seite an den Stoff heran: Wie mache ich aus der Botschaft eine Geschichte. Aber nicht die Idee oder Botschaft schafft Identifikation, sondern Figuren und Story.

Wenn das zwei Profis sagen – vielleicht ist etwas daran? Fragt sich, fiebernd, ein deutscher Autor, der gerne, gerne morgen wieder schreiben würde. Story. Figuren. Alles, was ihr wollt.