29.7.05

Bald heult ihr auch

Gerade ist einer der Protagonisten der "Todgeweihten" gestorben. Ich hatte das von Anfang an geplant. Ich hätte vorbereitet sein müssen. Und doch sitze ich vor dem Computer und heule und habe Mitleid mit ihm und bin froh, als er endlich keine Schmerzen mehr hat und seine letzten Worte gesagt hat. Was er zum Schluß denken würde, das wußte ich nicht, das war nicht geplant, und ich vermisse ihn umso mehr wegen seiner letzten Gedanken.

Gar nicht so leicht, jetzt wieder in das normale Leben aufzutauchen, einkaufen zu gehen fürs Wochenende, E-Mails zu beantworten (eine tausendfache Entschuldigung an euch, die ihr ewig auf Antworten von mir wartet, ich komme einfach nicht hinterher).

Jonathan Franzen sagte der Berliner Morgenpost kürzlich in einem Interview:

Wir Amerikaner sind alle in der Situation von Jay Gatsby, wenn er, in Fitzgeralds großem Roman, Daisy Buchanan gegenüber steht: So verzweifelt bemüht, die Liebe eines indifferenten Publikums zu gewinnen, daß wir alles für sie tun würden – riesige Partys schmeißen, gewaltige Vermögen anhäufen, prächtige Villen errichten, atemberaubende Kunststücke vollführen – alles in dem Bewußtsein, niemals angemessene Anerkennung zu erfahren. Das ist der Grund, warum es uns so viel Spaß macht, nach Deutschland zu kommen.

Also wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und sage mir: Es ist ein Geschenk, daß ich Geschichten erzählen darf. Und daß mein Publikum ganz und gar nicht indifferent ist. Heute habe ich noch allein geheult. Bald heult ihr auch!