25.3.05

"Basilea" begriffen

Eigentlich schreibe ich am Abend dieses Journal, wenn ich den Tag überblicken, wenn ich von seiner Gesamtheit berichten kann. Aber heute fing er so zauberhaft an, daß ich es gleich festhalten möchte. Ich erwachte, und es begann zu regnen. Das Wasser trommelte auf meine Dachfenster, sanft, gleichmäßig. Ich blieb liegen, griff neben das Bett nach einem Roman, und las. Bis elf Uhr las ich, draußen der graue, regnerische Tag.

Und ich dachte nach, starrte lange auf einen Satz, dachte weiter, nachdem ich den Roman ausgelesen hatte. Ich habe "Basilea" begriffen. Heute weiß ich, daß es ein guter Roman werden wird, weil ich zu seinem Kern, zu seinem innersten Schmerz vorgedrungen bin.

Im Interview mit Abebooks hatte ich ja gesagt, ich sei nach der "Brillenmacherin" unsicher, ob mir noch einmal ein solcher Roman gelingen würde. Reinhard Rohn, der Programmchef des Verlags, hat das Interview entdeckt, und sagte zur Einleitung der Lesung in Leipzig: Er stimme mir zu, daß die "Brillenmacherin" hervorragend gelungen sei, hoffe aber durchaus, daß weitere gute Romane folgen würden.

"Basilea" wird ein guter Roman werden. Ich werde viel von mir selbst in einen der beiden Männer der Dreiecksgeschichte hineinlegen, viel von meinen Verzweiflungen in ihn pflanzen. Es ist dieser Mann, der die Frau gewinnt und doch verliert. Es wird weh tun. Nicht, daß ich mich darauf freue – beim Schreiben erlebt man den Schmerz mindestens so stark wie beim Lesen –, aber doch ist es eine Genugtuung, eine Wahrheit begriffen zu haben und sie erzählen zu dürfen.

Ich weiß jetzt auch, warum die Heldin ihren Geliebten betrügt. Alles fällt ins Bild und stimmt, ich verstehe sie, obwohl ich wütend auf sie bin. Vielleicht hätte ich als Frau denselben Fehler gemacht. Die Figuren kommen mir bedrohlich real vor, als könnte es passieren, daß sie an meiner Tür klingeln und mich besuchen kommen, eine selbstverständliche Miene aufgesetzt, es ist unausweichlich, daß wir uns gegenübersitzen und schweigen wie nach einer gemeinsam durchlebten Katastrophe.

Oft bin ich ehrgeizig, lese Bestsellerlisten, frage mich, warum dieses Buch erfolgreich ist und jenes nicht. Aber heute möchte ich nichts anderes, als "Basilea" zu erzählen, gleichgültig, ob der Roman Erfolg haben wird oder nicht.