2.2.06

Fremde Musik und ein Comic

Ich mag Alltags-Experimente (so bleibt das Leben spannend). Darf ich euch eines vorschlagen? Wählt im Radio einmal einen Sender aus, bei dem sich euch die Nackenhaare aufstellen. Ich habe das getan und höre gerade eine Mundharmonika Heimatmelodien säuseln. Den ersten Impuls, das Radio zu zertrümmern, habe ich bezwungen, und jetzt versuche ich, den Reiz dieser Musik herauszufinden. Irgendeinen Reiz muß sie haben. Sonst würde sie keiner hören wollen. Vielleicht ist es das Friedliche. Das Einfache, Verläßliche. In jedem Fall eine interessante Erfahrung, länger als ein paar Minuten auszuhalten, was ich sonst als “nicht zu mir passend” abgewürgt hätte.

Von der Preisverleihung gibt es keinen Versprecher zu berichten. Nur eines: Sollte ich je im Leben noch einmal in eine solche Lage geraten, schreibe ich mir vorher eine Rede auf. Mein Laudator Fabian Vogt, der Brendow-Verlagsleiter Erich Koslowski, die Pressesprecherin Angelika Janßen – alle haben sie in geschliffenen Worten gesprochen, druckreif. Dann hat man mir den Preis in die Hand gedrückt, und ich habe Alltagssprache geredet. Das entsprach ungefähr dem Gefühl, falsch angezogen zu sein. (Sonst war es eine schöne Veranstaltung und vor allem ein vergnügliches Abendessen danach. Da war es mir nicht mehr peinlich, daß ich mir erklären lassen mußte, was die Begriffe auf der Speisekarte bedeuten – ich war langsam mit den Leuten vertraut.)

Seit einigen Wochen verschweige ich euch meine aktuellen Arbeitsprojekte. Das soll nicht zum Dauerzustand werden. Also plaudere ich gleich mal ein Geheimnis aus: Es entsteht ein Comic! Bruno Waldvogel lieferte mit seinem Musical “Basileia” schon den Stoff für meinen Roman “Die Todgeweihte” – nun arbeiten wir an einem Comic, das denselben Stoff zur Grundlage hat. * Der Zeichner ist Roloff – ich finde, einen besseren kann es nicht geben für dieses Projekt. Und auch keinen besseren Texter. Die Story und die Dialoge stammen von meinem Freund Michael Bregel, der im Hauptberuf Disney-Comics schreibt und übersetzt. Er hat der Geschichte mutige Bildperspektiven zugetraut, und seine Dialoge – na, lest sie selbst in ein paar Monaten. Ich sage nur so viel: Der Mann geht mit der Sprache um wie Roloff mit der Farbe.

Mir bleibt nur, hier und da am Dialog zu zupfen oder ein historisches Detail zu ergänzen. Es ist eine Freude, den beiden Profis bei der Arbeit zuzusehen!

Eines aber ist echt keine Freude mehr: Die Musik. Wird Zeit, daß ich den Radiosender wechsele.

*An dieser Stelle gab es für kurze Zeit Bilder vom Comic zu sehen. Da hat mich der Verlag zurückgepfiffen - sie sollen noch geheim bleiben. Also war es eine Art versehentliche Sneak Preview für alle, die schnell genug hingeguckt haben ... ;)