Gerade rief Radio Paradiso an, die mit mir eine Lesung veranstalten am Nikolausabend, in 100 Metern Höhe über der Stadt. Ich sollte drei Interviewfragen beantworten und eine Einladung zur Lesung aussprechen. Die Einladung wird im Programm als Teaser eingeblendet. O Mann. Am liebsten hätte ich zehn Fassungen gesprochen. Fürs nächste Mal merke ich mir, daß es besser ist, sich den Satz aufzuschreiben. So frei ins Blaue gesprochen, vergißt man leicht, daß man nicht “Frankfurt/Oder” sagen wollte, sondern nur “Frankfurt”.
Für den neuen Roman befasse ich mich gerade mit dem mittelalterlichen Bankenwesen. Ich bin erstaunt, was es damals schon alles gab. Ein Sparbuch mit zwölf Prozent Zinsen konnte man einrichten. Zwölf Prozent! Oder ein Girokonto – Überweisungen auf andere Konten derselben Bank hat man ihnen einfach in die Bücher diktiert. Die großen Banken hatten Filialen in London, Paris, Mailand, Brügge, Venedig usw.
Ich finde Namen schön. In der Kirche neulich, beim Singen, fiel mir der Name des Lieddichters auf. Joseph Medlicott Scriven. So würde ich gerne heißen! Ein Ire war er, in Dublin geboren. Er wanderte 1845 nach Kanada aus und lebte dann in Port Hope am Ontariosee. Was so ein Name gleich als Lebensgeschichte mitbringt!
Michael Gaeb, mein Literaturagent, wurde vom Magazin der Süddeutschen Zeitung interviewt. Falls euch das interessiert,
hier geht es zum Interview. Ich dachte immer, ich hätte einen mühsamen Job, Seite für Seite einen Roman zu erzählen. Aber mein Agent hat es ja noch viel schwerer! 2.000 Manuskripte hat er in den letzten drei Jahren bekommen, und davon nur zwei angenommen (mal abgesehen von den Autoren, die er selbst ins Boot geholt hat). Das stelle ich mir demotivierend vor. Würde ich nicht denken: “Die letzten 1.000 Manuskripte waren auch nichts. Warum soll ich dieses noch lesen?”
Im Zug las ein kleiner Junge ein Buch über Dinosaurier. Er fragte seinen Großvater: “Opa, hast du das schon erlebt?” Was Kinder für Vorstellungen von Zeit haben! Später sagte der Großvater am Telefon: “Nein-nein, es ist alles gut gegangen. Er weiß gar nicht, was Streß ist.” Daraufhin beschwerte sich der Kleine empört: “Doch, ich weiß, was Streß ist!”