21.8.06

Namen

Man könnte ein Buch darüber schreiben, welchen Einfluß die Namen von Romanfiguren haben. Oft brauche ich Wochen, ehe ich mich für einen Namen entscheiden kann. Er muß der Figur entsprechen, sein Klang und die mitschwingenden Assoziationen müssen zu ihr passen.

Außerdem versuche ich zu vermeiden, daß die Namen zweier Romanfiguren mit dem gleichen Buchstaben beginnen. Auf diese Weise fällt es den Lesern leichter, sie auseinanderzuhalten.

Woher nehme ich die Namen meiner Figuren? Für die meisten Jahrhunderte gibt es Untersuchungen mit Namenslisten. Schwieriger war es bei der “Priestertochter”. Bei diesem Roman habe ich einen emeritierten Professor um Rat gebeten, einen der wenigen Menschen, die sich mit altpolabischen Namen auskennen. (Ich werde nie vergessen, wie man mich ausgelacht hat, als ich in den Unis anrief und bei den Slawisten danach fragte. “Was wollen Sie? Altpolabisch? Davon hat hier niemand Ahnung.”)

Trotz aller fertigen Listen kann ich es mir aber nicht abgewöhnen, bei den Recherchen für einen Roman interessante Namen aufzuschreiben, die zu echten Personen aus der Stadt und aus dem Jahrhundert des Romans gehören. Man kann nie genug Namen haben. Namen sind kostbar. Ich mag den Geruch der Authentizität, der ihnen anhaftet, weil sie einem wirklichen Menschen gehörten. Hier einiges aus der heutigen Ausbeute. 14. Jahrhundert, eine Stadt in Süddeutschland. Es sind echte Schätze darunter, Namen, die ich mir zigmal laut und grinsend vorsagen möchte.

Andreas Scharfzahn
Anton Ernst
Eberhart von Herbrechtshausen
Franz Sentlinger
Hans Rosenbusch
Hans Schwilwatz von Schwilwazenhausen
Hans Stupf
Heinrich Glaespeck
Heinrich Rueßwurm
Jobst Rorbeck
Johann von Kammerberg
Konrad Taufkircher
Lienhart Lang
Leutold Brey
Lukas Weitting
Ludwig Bart
Peter Krümmel
Perwin Taentzel
Seyfried Puechberger
Sighard Tückel
Sigmund Eusenhofer
Oswald von Weichs zu Weichs
Ulrich Tückel
Ulrich Ungarten
Wenk von Pienzenau

Frauen waren heute rar gesät. Immerhin, einer Dorothea, einer Kunigunde, und einer Mechtild Irmbarger von Percha bin ich begegnet.

Es eignen sich nicht alle dieser Namen für einen ernsthaften Roman. Hans Schwilwatz von Schwilwazenhausen müßte schon eine sehr ausgefeilte Figur sein, um glaubwürdig zu erscheinen. Mitunter ist die Realität verspielter, als man es einer fiktionalen Welt gestatten würde.